Intelligente Fertigungssysteme
Die Industrie 4.0 verbindet intelligente vernetzte Systeme mit fortschrittlichen Fertigungstechniken und erhöht so die Effizienz und Flexibilität der industrielle Produktion. Die Ungenauigkeit der natürlichen Sprache in Kommunikationsprozessen stellt dabei jedoch ein Hindernis dar. Durch eine präzise Terminologie können Missverständnisse reduziert und die Genauigkeit der Kommunikation erhöht werden. Standards wie iiRDS spielen bei Industrie 4.0 bei der technischen Dokumentation eine Rolle. Eine gezielte und systematische Terminologiearbeit hilft, die komplexen, aufgabenverteilten Prozessen von Industrie 4.0 und IoT zu verbessern.
Was ist Industrie 4.0?
Industrie 4.0 steht für die Integration fortschrittlicher Fertigungstechniken mit intelligenten vernetzten Systemen, die Daten und maschinelles Lernen nutzen und in Echtzeit kommunizieren. Sie umfasst cyber-physische Systeme (CBS) [1], das Internet der Dinge (IoT), Cloud Computing, kognitives Computing und künstliche Intelligenz, um Fertigungsprozesse, Lieferkettenmanagement und Produktlebenszyklen zu steuern und zu verändern.
Sprache und Industrie 4.0
In der Ära von Industrie 4.0 spielen natürliche Sprache und deren Verarbeitung (NLP) eine besondere Rolle. Unter Natural Language Processing (NLP) versteht man die Analyse und Verarbeitung von Sprache durch Computer und intelligente Anwendungen. In der Industrie 4.0 wird NLP umfassend für industrielle Anwendungen genutzt.
Eine systematische Terminologieentwicklung kann einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg von Industrie 4.0-Lösungen leisten. Der Einsatz von NLP und künstlicher Intelligenz (KI) wird von Unternehmen immer häufiger genutzt, um Kundenanforderungen zu verstehen und deren Zufriedenheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang gewinnt die Terminologiearbeit zunehmend an Bedeutung, da sie hilft, die Interaktion und Kommunikation zwischen Mensch und Maschine sowie zwischen den verschiedenen Maschinen und integrierten Systemen effizienter zu gestalten. NLP und KI sind daher nicht nur unverzichtbare Werkzeuge zur Erreichung von Unternehmenszielen, sondern tragen auch entscheidend zur Umsetzung von Industrie 4.0 und zur Erreichung ihrer Ziele bei. Geeignete Terminologie und deren systematische Aufbereitung verbessern die Qualität der semantischen Interaktion und maximieren so den Nutzen von Industrie 4.0-Lösungen.
Anwendungsfälle für Terminologie in der Industrie 4.0
Natürliche Sprache spielt im IoT in den folgenden Bereichen eine entscheidende Rolle:
- Benutzerschnittstellen: Spracherkennung und Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) ermöglichen es den Nutzern, mit IoT-Geräten in gesprochener oder geschriebener Sprache zu interagieren, wodurch die Nutzererfahrung vereinfacht und personalisiert wird.
- Datenanalyse: Die Qualität der Analyse von Daten, die natürliche Sprachinhalte ganz oder teilweise enthalten, ist von der linguistischen Qualität dieser Daten abhängig. Ähnlich verhält es sich bei der Darstellung von Ergebnissen durch Natural Language Generation (NLG) – die gewählten Wörter können die Interpretation der Ergebnisse maßgeblich beeinflussen.
- Automatisierung des Kundenservices : Interaktionen in natürlicher Sprache können Chatbots und virtuelle Assistenten steuern und so den Kundenservice und die Interaktion mit dem Nutzer verbessern.
- Gerätesteuerung und -verwaltung: In einem industriellen Umfeld können Anweisungen in natürlicher Sprache zur Steuerung von IoT-Geräten verwendet werden, was die Effizienz steigert und den Bedarf an manuellen Eingriffen verringert.
- Kontextuelles Verständnis: Für Maschinen- und NLP-Algorithmen ist es von großer Bedeutung, den Kontext von Abläufen fehlerfrei zu verstehen, um falsche Entscheidungen zu vermeiden, wenn Kontextinformationen auf natürlicher Sprache basieren.
Beispiele für die Bedeutung der Terminologiearbeit in Industrie 4.0
- Maschinenanweisungen: Ein Techniker verwendet den Begriff „Anlaufdrehmoment“ zur Beschreibung der anfänglichen mechanischen Energie, die benötigt wird, um einen Motor zu starten. Ein Software-Ingenieur, der mit diesem Begriff nicht vertraut ist, könnte dies jedoch als „Startdrehmoment“ interpretieren, was zu einer falschen Programmierung des Motors führen könnte.
- Benutzeroberflächen: Ein Bediener gibt das Kommando „Frequenzumrichter aktivieren“ aus, aber das System ist auf den Begriff „Wechselrichter aktivieren“ programmiert. Da das System den Begriff „Frequenzumrichter“ nicht kennt, kann es das Kommando des Bedieners nicht korrekt ausführen.
- Wartung und Fehlerbehebung: Ein Techniker verwendet den Begriff „Überstrom“ in Bezug auf einen Fehler, aber ein anderes Teammitglied versteht darunter „Überladung„. Das könnte dazu führen, dass der Techniker die falschen Maßnahmen zur Fehlerbehebung ergreift.
- Kommunikation in der Lieferkette: Ein Lieferant bekommt eine Anfrage nach „Scheiben„, ist jedoch nur mit dem Begriff „Unterlegscheiben“ vertraut. Er könnte dann das falsche Produkt liefern, was zu Verzögerungen in der Produktion führt.
- Schulung und Dokumentation: Ein Handbuch verwendet den Begriff „Abstechen“, während die Maschinenbediener den Begriff „Abschneiden“ gewohnt sind. Dies kann zu Verwirrung und möglichen Fehlern bei der Maschinenbedienung führen.
In diesen Beispielen steht der gleiche Begriff für unterschiedliche Konzepte, je nach Kontext und Verwendung. Diese Situationen unterstreichen die Wichtigkeit einer genauen Terminologiearbeit in der Industrie 4.0 und im IoT-Umfeld.
Semantische Interoperabilität: Das Potenzial von LookUp für Industrie 4.0
Industrie 4.0 erfordert, dass Unternehmen große Mengen an Daten aus verschiedenen Quellen verarbeiten, um Fertigungsprozesse zu automatisieren. Semantische Interoperabilität spielt hier eine entscheidende Rolle, die durch die Standardisierung der Sprache, insbesondere der Terminologie, und die Implementierung von Standards erreicht wird. Technische Redakteure, Ingenieure und Übersetzer sind nur einige der Akteure, die daran beteiligt sind, Sprachdaten kompatibel zu machen und den Informationsverlust im Digitalisierungsprozess zu minimieren.
Der kombinierte Einsatz von Natural Language Processing (NLP), künstlicher Intelligenz und durch Knowledge Graphs (KG) angereicherter Terminologie wird durch die Terminologieverwaltungssoftware LookUp von D.O.G. unterstützt. Das bedeutet, dass die in LookUp erfassten Begriffe in Wissensgraphen umgewandelt und von intelligenten Anwendungen genutzt werden können.
iiRDS und Terminologie
iiRDS (intelligent information Request and Delivery Standard) ist ein frei verwendbarer technischer Standard, der die Auslieferung digitaler Benutzerinformationen, wie z.B. elektronische Benutzerhandbücher und Bedienungsanleitungen, standardisiert. Entwickelt von der tekom-Expertengruppe ab 2016 und seit 2018 vom iiRDS-Konsortium gepflegt, soll iiRDS die herstellerübergreifende Bereitstellung, den Austausch und die Aggregation von Benutzerinformationen ermöglichen, was insbesondere bei Industrie 4.0-Lösungen notwendig ist.
Die Terminologie spielt bei iiRDS eine entscheidende Rolle, da sie maßgeblich für die Effektivität der Standardisierung ist. Das iiRDS verwendet ein Metadatenmodell, das auf der PI-Klassifikation basiert, die verschiedene Arten von Metadaten definiert. Jede Art von Metadaten hat eine spezifische Bedeutung und muss präzise und konsistent verwendet werden, um eine korrekte Interpretation und Nutzung der Daten zu gewährleisten.
Durch die Eingabe von Suchbegriffen in ein Portal zur Bereitstellung von Inhalten können beispielsweise die Nutzer relevante Ergebnisse finden. Dabei werden nur Informationseinheiten mit entsprechenden Metadaten angezeigt. Dies funktioniert jedoch nur dann effektiv, wenn die Terminologie der verschiedenen Nutzer erfasst und mit den entsprechenden Metadaten verknüpft wird, was durch intelligente Terminologieverwaltungssysteme wie LookUp gewährleistet wird.
Ein genaues Verständnis und eine korrekte Anwendung dieser Terminologie ist für die Nutzung von iiRDS unerlässlich. Falsch verwendete oder falsch interpretierte Terminologie kann zu Missverständnissen und Missbrauch von Daten führen, was die Vorteile von iiRDS aushebeln kann.
Darüber hinaus erlaubt iiRDS den Nutzern, das Metadatenmodell durch eigene Unterklassen oder Objekte zu erweitern. Auch hier ist die korrekte Verwendung der Terminologie entscheidend, um sicherzustellen, dass die hinzugefügten Elemente richtig verstanden und verwendet werden können.
Insgesamt lässt sich sagen, dass eine korrekte Terminologie in iiRDS unabdingbar ist, um die Vorteile des Standards voll ausschöpfen zu können, insbesondere im Hinblick auf die semantische Interoperabilität von Benutzerinformationen.
Gemeinsame Prozesse brauchen eine einheitliche Terminologie
Arbeitsteilige Prozesse, ob zwischen Unternehmen, Abteilungen, Maschinen oder Mensch-Maschine-Interaktionen, sind das Rückgrat unserer Industrie 4.0- und IoT-Ära. Mit zunehmender Anzahl der Prozessbeteiligten und steigender Komplexität der Prozesse kann die Koordination dieser Prozesse jedoch immer komplexer werden.
Ein wichtiger Faktor, der zur potenziellen Störung dieser Prozesse beiträgt, ist die Verwendung von natürlicher Sprache, sei es zur Bezeichnung von Metadaten, Befehlen oder Informationsanfragen. Aufgrund der ihr innewohnenden Ungenauigkeit und der Vielzahl von Synonymen kann die natürliche Sprache eine Quelle von Missverständnissen und Kommunikationsproblemen sein.
Hier kommt die Terminologie ins Spiel: Sie dient als Werkzeug, um diese „Grauzonen“ einzugrenzen und klar definierte, unmissverständliche Begriffe zu schaffen. Die Definition und Einhaltung bestimmter Terminologien verbessert das Verständnis und die Genauigkeit von Kommunikationsprozessen erheblich.
Das Problem der sprachlichen Unschärfe und Mehrdeutigkeit ist in mehrsprachigen Umgebungen, in denen verschiedene Sprachen in Bezug auf die Terminologie unterschiedlich funktionieren können, noch akuter. In diesem Zusammenhang verringert die Verwendung einer genauen mehrsprachigen Terminologie das Risiko von Fehlinterpretationen und Kommunikationsfehlern erheblich. Die korrekte Verwendung von Terminologie ist daher ein Schlüsselelement für die Maximierung von Effizienz und Genauigkeit bei komplexen arbeitsteiligen Prozessen in der Industrie 4.0 und im Internet der Dinge.
[1] Cyber-physische Systeme (CPS) integrieren Sensorik, Berechnungen, Steuerung und Vernetzung in physische Objekte und Infrastrukturen und verbinden sie mit dem Internet und untereinander.