Wenn Sie noch nie einen Übersetzungsauftrag erteilt haben, denken Sie vielleicht, dass die Anweisung „Bitte übersetzen Sie den Text ins Englische“ ausreicht. Aber in Wirklichkeit ist das Beauftragen von Übersetzungen ein bisschen wie ein Arztbesuch oder der Kauf einer Fotokamera: Je mehr Informationen Sie über Ihre Wünsche und Situation geben, desto besser wird das Ergebnis. Die Art und Weise, wie Sie eine Übersetzung beauftragen, hat einen großen Einfluss auf Qualität, Kosten und Bearbeitungszeit. Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, welche Informationen für den Übersetzer oder das Übersetzungsbüro wichtig sind, um eine optimale Übersetzung zu liefern.
Benennung der Sprachvarianten
Viele Sprachen werden in mehreren Ländern gesprochen, insbesondere Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch. Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Marketingbroschüre für ein neues Produkt ins Spanische übersetzen lassen. Wenn Sie nicht angeben, ob Sie Spanisch für Spanien oder Lateinamerika benötigen, kann dies zu Verwirrungen führen. Wörter wie “Computer” (Spanien: “ordenador”, Lateinamerika: “computadora”) oder “Auto” (Spanien: “coche”, Lateinamerika: “carro”) können je nach Region unterschiedlich sein. Eine fehlende Angabe der Sprachvariante kann dazu führen, dass die Zielgruppe bestimmte Ausdrücke oder Formulierungen als falsch oder im schlimmsten Fall sogar beleidigend empfindet.
Die Terminologie
Bei Übersetzungen geht es oft um komplexe Sachverhalte oder neue Produkte und Verfahren mit spezifischen Fachbegriffen. Manchmal gibt es sogar mehrere Übersetzungsalternativen für denselben Begriff. Wie übersetzt man z.B. „Antiblockiersystem“ ins Englische (US/UK)? Es gibt mehrere Möglichkeiten: “Anti-lock Braking System (ABS)”, “antilock braking system”, “Antilock Brake System (ABS)”, “Anti-skid Braking System” oder einfach “ABS”. Wichtig ist, dass die gewählte Übersetzung in allen Dokumenten konsistent verwendet wird. Sie möchten ja keine Bedienungsanleitung in Umlauf bringen, in der das “Antiblockiersystem” einmal als “Antilock Brake System” und dann als “Anti-skid Braking System” bezeichnet wird. Das könnte zu Verwirrung führen und im schlimmsten Fall sogar sicherheitsrelevant sein.
Zur Terminologiefestlegung gehört auch die Auflistung von speziellen Abkürzungen, deren Erläuterung und eventuell die Vorgabe, ob sie übersetzt werden sollen oder nicht. Im Einzelfall gehören auch die Produktnamen zu den vorgegebenen Übersetzungen. Manche Produktnamen werden für die Zielmärkte angepasst, beispielsweise Coca-Cola, das in China als „可口可乐“ (kěkǒu kělè) , was „köstlich und erfrischend“ bedeutet, vermarktet wird.
Stellen Sie also dem Übersetzer idealerweise eine Terminologieliste zur Verfügung oder arbeiten Sie regelmäßig mit demselben Dienstleister zusammen, um eine gemeinsame Fachterminologie in mehreren Sprachen aufzubauen. Dazu eignet sich das Terminologieverwaltungssystem LookUp besonders.
Stilistische Vorgaben
Ob es um reine Dokumentation oder Werbetexte geht, gibt es einen bestimmten Stilspielraum bei der Formulierung, und es kann sehr nützlich sein, entsprechende Vorgaben eventuell in einem Style Guide zu machen. Das ist insbesondere nützlich, wenn die Übersetzungen nicht einmalig sind, sondern regelmäßig stattfinden. So gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, eine Anweisung zu formulieren. Allein im Deutschen hat man folgende Auswahl: „Bitte öffnen Sie die Tür“, „Öffnen Sie die Tür“, „Tür öffnen“, “die Tür ist zu öffnen”. Auch in anderen Sprachen sind unterschiedliche Möglichkeiten und Register möglich (z. B. „Please open the door“, „Open the door“).
Dasselbe gilt für Marketingtexte. Hier wissen viele Übersetzer nicht, wie viel Freiheit sie sich im Vergleich zum Originaltext erlauben dürfen. Es ist bekannt, dass kulturelle Aspekte bei der Kommunikation zwischen Sprachen eine Rolle spielen , insbesondere bei Marketingtexten, bei denen es wichtig ist, dass die Übersetzung nicht als solche wahrgenommen wird. Anspielungen auf bestimmte Ereignisse, Beispiele und Humor sind Aspekte, die der Übersetzer berücksichtigen muss. In solchen Fällen muss es dem Übersetzer erlaubt sein, sich explizit vom Ausgangstext zu distanzieren, um die Übersetzung natürlicher wirken zu lassen.
Referenzmaterial
Es gibt oft Sachverhalte und Technologien, die sehr speziell sind, manchmal auch firmenspezifisch. Ohne Insiderwissen ist es für einen Fachübersetzer schwer, alle Zusammenhänge zu verstehen. Daher ist es nützlich, Referenzmaterial zu liefern. Das ist insbesondere wichtig, wenn die zu übersetzenden Texte wenig Kontext haben, wie es beispielsweise bei Software-Meldungen der Fall ist. Stellen Sie sich vor, Sie lassen eine Broschüre über ein neues, hochkomplexes medizinisches Gerät übersetzen. Ohne zusätzliche Informationen wie technische Datenblätter, Produktbeschreibungen oder frühere Marketingmaterialien könnte der Übersetzer Schwierigkeiten haben, die Fachterminologie korrekt zu verstehen und zu übersetzen, was zu ungenauen oder irreführenden Informationen in der übersetzten Broschüre führen könnte.
Einsatz von Translation-Memorys
Wer regelmäßig bestimmte Dokumentarten übersetzen lässt, z. B. Bedienungsanleitungen und Software-Handbücher, kann von Translation-Memorys stark profitieren. Viele Standardformulierungen, wie sie z. B. bei Warnhinweisen vorkommen, wiederholen sich. Dann ist es sinnvoll und sogar wichtig, dass diese Formulierungen nicht jedes Mal und eventuell anders übersetzt werden, sondern einheitlich übersetzt werden. Ein weiterer Effekt ist die Senkung der Übersetzungskosten, da man nicht zweimal für die gleiche Übersetzung bezahlt. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, dem Übersetzer entweder Translation-Memorys zur Verfügung zu stellen, sofern es solche gibt, oder die Arbeit mit einem Translation-Memory-System zu vereinbaren.
Maschinelle Übersetzung oder nicht?
Vor vielen Jahren war die maschinelle Übersetzung ein Tabuthema. Seitdem hat sich die Qualität dieser Technologien deutlich verbessert, auch wenn es immer noch Argumente dafür und dagegen gibt.
Beispielsweise kann die Frage der Vertraulichkeit von Informationen gegen den Einsatz maschineller Übersetzungssysteme sprechen, wenn sie nicht in einer sicheren und kontrollierten Umgebung eingesetzt werden. Es ist verständlich, dass kein Unternehmen mit Dokumenten, die vertrauliche Informationen, persönliche Daten oder Informationen über Produktionsgeheimnisse oder Verträge enthalten, möchte, dass diese irgendwann auf einem Server in Amerika landen. Deshalb ist es sinnvoll, bei der Beauftragung einer Übersetzung entweder den Einsatz maschineller Übersetzungssysteme vorab ausdrücklich zu regeln – denn diese können in Kombination mit Post-Editing einen positiven Einfluss auf die Kosten und Bearbeitungszeiten haben – oder den Einsatz dieser Technologien von vornherein vertraglich auszuschließen.
Übersetzung von Softwaretexten
Es kommt vor, dass die zu übersetzenden Dokumente Verweise auf Oberflächentexte enthalten. Wenn diese Texte noch nicht übersetzt wurden, ist es sehr wichtig zu bestimmen, wie mit ihnen umgegangen werden soll. Entweder gibt es bereits eine Übersetzung, die der Übersetzerin oder dem Übersetzer zur Verfügung gestellt werden sollte, oder diese Texte müssen ebenfalls übersetzt werden. In diesem Fall ist es notwendig, dass die vom Übersetzer festgelegte Übersetzung auch in der Softwareoberfläche erscheint.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Texte in der Originalsprache zu belassen und für den Leser, der die Originalsprache nicht versteht, eine Erklärung in Klammern hinzuzufügen. Beispiel: „Démarrer Windows (Windows starten)“.
Ansprechperson für Rückfragen
Bei komplexen Themen oder Unklarheiten im Ausgangstext kann der Übersetzer Fragen haben. Stellen Sie sicher, dass es klare Ansprechpartner für Rückfragen gibt, um Missverständnisse und Verzögerungen zu vermeiden. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Übersetzer einen technischen Begriff nicht eindeutig zuordnen kann und eine Klärung benötigt, um eine genaue Übersetzung zu gewährleisten. Eine schnelle Antwort kann den Übersetzungsprozess beschleunigen und kostspielige Fehler vermeiden.
Bearbeitungszeiten
Bei der Beauftragung von Übersetzungsprojekten ist es ebenfalls wichtig, nur realistische Termine zu nennen. Die Dauer des Auftrags hängt von mehreren Faktoren ab, da nicht nur der Übersetzer involviert ist. Auch andere Aufgaben wie Dateikonvertierung, Dateiformatierung, Terminologieextraktion und vieles mehr beeinflussen die Bearbeitungszeit.
Als grobe Richtlinie gelten folgende Übersetzungsmengen pro Tag:
- Human-Übersetzung: 2000 neue Wörter pro Tag für Sprachen wie Englisch, Schwedisch oder Spanisch und ca. 1700 Wörter pro Tag für asiatische Sprachen.
- Maschinelle Übersetzung mit Post-Editing: 3300 Wörter pro Tag
Darüber hinaus sind für den Ablauf und die Organisation eines Projekts in der Regel einige Arbeitstage einzuplanen, da nicht alle Übersetzer sofort für den Auftrag zur Verfügung stehen, vor allem wenn die Sprachkombination und das Fachgebiet eine besondere Rolle spielen. Hinzu kommt natürlich noch der Zeitaufwand für die Terminologiekoordination und die Dateiverwaltung, falls dies für die Abwicklung des Auftrags erforderlich ist.
Administrative Vorgaben – Damit alles reibungslos läuft
Neben den inhaltlichen Aspekten eines Übersetzungsauftrags sollten auch administrative Vorgaben klar kommuniziert werden. Zum Beispiel: An wen soll die Rechnung gehen? Muss eine bestimmte Bestellnummer angegeben werden? Was genau soll auf der Rechnung erscheinen? Diese Details sind wichtig, um den internen Prozessen Ihres Unternehmens gerecht zu werden und unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Wenn gewünscht, sollten auch Vorgaben zur Umbenennung der übersetzten Dateien im Voraus besprochen werden. Für Unternehmen, die klare Richtlinien benötigen, ist es entscheidend, diese Informationen rechtzeitig zu teilen, damit der gesamte Ablauf – von der Übersetzung bis zur Abrechnung – reibungslos funktioniert.
Vorlagen für die Beauftragung
Um nicht jedes Mal aufs Neue darüber nachdenken zu müssen, welche Anweisungen der Übersetzer erhalten soll, ist es effizienter, mit Vorlagen zu arbeiten. Diese Vorlagen können alle wichtigen Punkte für typische Projekte eines Unternehmens enthalten, z. B. die Sprachversion (z.B. Portugiesisch für Brasilien), Anweisungen zum Stil, zur Terminologie, zum Liefertermin und vieles mehr.
Checkliste für Ihren ersten Übersetzungsauftrag
- Ausgangstext: Liegt der Text in einem editierbaren Format vor (z. B. Word, Excel)?
- Zielsprache: Benötigen Sie eine Sprachvariante (z. B. Englisch (US) oder Englisch (UK))?
- Zweck und Zielgruppe: Wofür wird die Übersetzung verwendet und wer sind die Leser?
- Terminologie: Haben Sie eine Terminologieliste oder Terminologievorgaben?
- Stilistische Vorgaben: Gibt es einen Style Guide oder spezifische Wünsche zum Stil?
- Referenzmaterial: Können Sie Hintergrundinformationen zum Thema bereitstellen?
- Translation-Memorys: Haben Sie bereits Translation Memories, die verwendet werden können?
- Maschinelle Übersetzung: Ist der Einsatz von maschineller Übersetzung erlaubt oder ausgeschlossen?
- Softwaretexte: Wie soll mit Bezügen zu Software-Oberflächen umgegangen werden?
- Ansprechpartner: Wer ist für Rückfragen zuständig?
- Liefertermin: Ist der gewünschte Termin realistisch?
Fazit: Klare Kommunikation spart Zeit und Kosten
Je präziser die Beauftragung und je mehr Anweisungen und Hilfsmittel Sie dem Übersetzer geben, desto besser wird das Ergebnis. Der Bedarf für Nachbearbeitungen sinkt, Erwartungen werden erfüllt und Kosten können gesenkt werden. Denken Sie daran: Eine gute Kommunikation mit dem Übersetzer ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Übersetzung!